Ist „Essen auf Rädern“ steuerlich absetzbar?
Selbst kochen oder das Essen nach Hause liefern lassen? Nicht nur junge Menschen greifen häufig auf Pizza-Lieferdienste und Co. zurück. Viele Senioren müssen den Service„Essen auf Rädern“ nutzen, wenn eine Selbstversorgung nicht mehr möglich ist. Das gelieferte Essen kommt dabei in der Regel teurer als selbst zubereitete Mahlzeiten. Denn es fallen nicht alleinig die Kosten für die Mahlzeit, sondern noch Personalkosten für die Köche und den Fahrdienst an. Aus diesem Grund ist es nachvollziehbar, wenn Rentner versuchen, diese Mehrkosten in ihrer Steuererklärung abzusetzen.
Finanzgerichte fällten daher Urteile zum Absetzen als haushaltsnahe Dienstleistung oder außergewöhnliche Belastung. Letzterer Fall wurde vom Finanzgericht Münster erst jüngst (Urteil vom 27.04.2023 – Az. 1 K 759/21 E) abgelehnt und eine Revision nicht zugelassen.
Verpflegungskosten sind per se keine außergewöhnlichen Belastungen
Im aktuell entschiedenen Streitfall versuchte ein Rentnerehepaar, den Fiskus an den 1.541 Euro Kosten für ihr „Essen auf Rädern“ für das Jahr 2019 zu beteiligen. Bei den Ehegatten lagen die Pflegegrade 2 bzw. 3 sowie ein zusätzlicher Grad der Behinderung von 100 mit Merkzeichen G vor. Da die beiden sich aufgrund ihrer Beeinträchtigungen nicht mehr selbst verpflegen konnten, waren sie auf Lieferung von warmem Essen angewiesen. Aufgrund dieser Zwangsläufigkeit versuchten sie, den steuerlichen Abzug als außergewöhnliche Belastung zu erwirken.
Dass die Belieferung mit dem Mittagessen beim Ehepaar krankheitsbedingt notwendig war, erkannten das Finanzamt und das Finanzgericht an. Jedoch ist es heutzutage in der Gesamtbevölkerung weit verbreitet, sich Essen nach Hause zu bestellen. Vielen anderen Steuerpflichtigen entstehen vergleichbare Aufwendungen für die Verpflegung, die auch nicht absetzbar sind. Berufstätige müssen zum Beispiel die Kosten einer auswärtigen Mittagsverpflegung tragen oder Eltern die Kosten für das Mittagessen ihrer Kinder in der Kita oder Schulmensa. Daran fanden die Richter nichts außergewöhnlich.
Das Finanzgericht hat diese Aufwendungen deshalb den üblichen Kosten der Lebensführung zugeordnet, deren steuerliche Berücksichtigung im Allgemeinen als nicht vertretbar empfunden wird. Selbst erhöhte Aufwendungen für krankheitsbedingte Diätverpflegungen sind nach höchstrichterlichem Beschluss nicht absetzbar. Daher müsse dieser Ansatz erst recht für eine normale Verpflegung gelten.
Weiterhin erfordern allgemeine Belastungen im Steuerrecht, dass die Kosten direkt für die Heilung oder Linderung einer Krankheit aufgewendet werden. In diesem Fall handelt es sich indes um reine Folgekosten der Beeinträchtigungen. Die Finanzrichter erklärten, dass typische Aufwendungen des täglichen Lebens, wie die Versorgung mit Nahrung, generell mit dem steuerlichen Grundfreibetrag abgedeckt sind. Im Streitfall waren die Mehrkosten des Ehepaars zudem mit dem gewährten Behindertenpauschbetrag steuerlich abgegolten. Ein weiterer Abzug sei nicht vorgesehen.
Essen auf Rädern wird außerhalb des Haushalts zubereitet
In einem länger zurückliegenden Streitfall ging es ebenfalls um ein Ehepaar, das „Essen auf Rädern“ in Höhe von 1.824 Euro für das Jahr 2008 steuerlich absetzen wollte. In diesem Fall als haushaltsnahe Dienstleistung, da sich die Kläger vom Diakonischen Werk die Mittagessen in ihren Haushalt liefern ließen. Das Finanzgericht Münster (Urteil vom 15.07.2011 – 14 K 1226/10 E) versagte allerdings den Abzug, da die Mahlzeiten in der Diakonie, also außerhalb des Haushalts, zubereitet und angerichtet worden sind. Die reine Anlieferung des Essens fällt nicht unter die haushaltsnahen Dienstleistungen. Diese erfordern, dass die Mahlzeiten im Haushalt des Steuerpflichtigen vor Ort gekocht werden, was bei „Essen auf Rädern“ nicht der Fall ist.
Die Zubereitung von Mahlzeiten an sich kann als haushaltsnahe Dienstleistung gewertet werden, da es sich typischerweise um eine im Haushalt anfallende Leistung handelt, die normalerweise durch Mitglieder des Haushalts übernommen wird. Werden die Mahlzeiten z. B. durch eine Haushaltshilfe in der eigenen Küche in der Wohnung des Steuerpflichtigen gekocht, dann können die Arbeitskosten durchaus als haushaltsnahe Dienstleistungen die Einkommensteuer reduzieren.
(Pressemitteilung der Lohsteuerhilfe Bayern e.V. vom 05.09.2023; zum Volltext des Urteils FG Münster vom 27.04.2023 Az. 1 K 759/21 E gelangen Sie hier)